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Digitalisierung schreitet voran – wohnungslose Menschen bleiben zurück

Abschaffung der Zahlungsanweisung zur Verrechnung (ZzV) durch Postbank bedroht Zugang zu existenzsichernden Leistungen

Pressemitteilung
Berlin, 25.6.2025


Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e. V. (BAG W) warnt vor einer tiefgreifenden sozialen Ausgrenzung, die durch die fortschreitende Digitalisierung des Zahlungsverkehrs droht. Ab dem 1. Januar 2026 stellt die Postbank die sog. Zahlungsanweisung zur Verrechnung endgültig ein.

Was ist eine ZzV – und warum ist sie für wohnungslose Menschen wichtig?

Die Zahlungsanweisung zur Verrechnung funktioniert wie ein Papier-Scheck und wird vor allem an Menschen ohne eigenes Konto von Stellen wie der Bundesagentur für Arbeit bzw. den Jobcentern ausgegeben. Mit diesem Dokument können leistungsberechtigte Personen bislang zur Postbankfiliale gehen und sich ihre Sozialleistungen in bar auszahlen lassen.

Gerade für die rund 30% der wohnungslosen Menschen, die kein eigenes Konto besitzen – sei es aus praktischen, bürokratischen oder persönlichen Gründen – ist die ZzV oft die einzige realistische Möglichkeit, an ihr Geld zu kommen. Sie ist damit ein zentrales Instrument der sozialen Existenzsicherung. Mit dem Wegfall dieser Möglichkeit wird ein ganzes System der bargeldbasierten Versorgung abgeschaltet, ohne dass gleichwertige Alternativen bereitstehen.

Susanne Hahmann, Vorsitzende der BAG W: „Was für Banken ein Digitalisierungsschritt ist, bedeutet für viele Menschen in prekären Lebenslagen einen Rückschritt in der Existenzsicherung. Ohne Konto – keine Leistung. Ohne Leistung – kein Überleben.“

Wegfall der Barauszahlung: Keine Alternativen in Sicht

Die Postbank hat die Zahl der Filialen, die ZzV ausgeben, von 3.000 auf rund 500 reduziert und will den Service Anfang 2026 ganz einstellen. Viele Banken stellen zudem ihr Scheckwesen ein, wodurch vergleichbare Auszahlungsangebote kaum noch vorhanden sind. Ein möglicher Ersatz – die Barauszahlung über Barcode im Einzelhandel – ist nur für Notfälle unter 1.000 Euro geeignet und scheitert oft am fehlenden Bargeldbestand in den teilnehmenden Geschäften.

Gleichzeitig gelingt es wohnungslosen Menschen trotz ihres gesetzlichen Anspruchs auf ein Basiskonto häufig nicht, ein Konto zu eröffnen. Die Kontoeröffnung scheitert häufig an fehlenden Ausweisdokumenten oder technischen Hürden, beispielsweise dem Mangel an digitalen Endgeräten für das Videoident-Verfahren. Zudem erschwert der eingeschränkte Zugang zu günstigen Direkt- und Onlinebanken die Situation weiter.

BAG W fordert schnelle politische Lösungen

Die BAG W sieht in der Einstellung der Barauszahlung eine große Gefahr für Menschen ohne festen Wohnsitz oder Bankzugang und fordert daher schnelle politische Lösungen: einen rechtlich gesicherten Zugang zu existenzsichernden Leistungen auch ohne Konto sowie die verbindliche Umsetzung des Rechtsanspruchs auf ein Basiskonto (§31 ZKG) für alle – unabhängig von Wohnsitz oder Bonität. Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass wohnungslose Menschen ihre Sozialleistungen an ihrem jeweiligen Aufenthaltsort beziehen können, entsprechend der Vorgabe in § 47 SGB I.

Annika Maretzki, Referentin Digitalisierung der BAG W: „Die Digitalisierung darf nicht zur sozialen Ausgrenzung führen. Wer Leistungen zur Existenzsicherung braucht, muss sie auch ohne Konto und digitale Hürden erhalten können. Die Politik ist jetzt gefordert, analoge Zugänge für wohnungslose Menschen verbindlich abzusichern. Gleichzeitig braucht es einen echten Zugang zur digitalen Teilhabe – durch Endgeräte, das Internet und gezielte Förderung digitaler Kompetenzen.“

Unter diesem Link finden Sie die Pressemitteilung als PDF-Version.

Bei Fragen wenden Sie sich an
Berit Pohns, Referentin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 (0)151 42462246
E-Mail: beritpohns@bagw.de 

Annika Maretzki, Referentin Frauen, Digitalisierung, digitale Teilhabe
Tel.: (030) 2 84 45 37-18
E-Mail: annikamaretzki@bagw.de