Wohnen ist Menschenrecht
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Migration und Wohnungslosigkeit

Es gibt verschiedene Gründe und Anlässe für den Themenschwerpunkt dieser Ausgabe. Zu nennen wäre die aktuelle Veröffentlichung der Bundesstatistik zur Zahl der untergebrachten Personen zum 31. Januar 2025, die sich auf 474.700 beläuft, wobei 86 % der erfassten Menschen nicht über die deutsche Staatsbürgerschaft verfügen. Anlass ist auch die im Juni in Leipzig stattgefundene BAG W-Fachtagung „Alles eine Frage des Ermessens?“ zu den Rechtsansprüchen für Migrant*innen und ihre Durchsetzung in den (Wohnungsnotfall)Hilfen. Beiträge und Themenschwerpunkte dieser Tagung finden sich in diesem Heft.

Erwähnenswert ist weiterhin der vor kurzem veröffentliche BAG W-Statistikbericht für das Jahr 2023, der als Schwerpunkt die Daten zu Wohnungsnot und Wohnungslosigkeit unter Migrant*innen auswertet und damit eine sehr wichtige Ergänzung zu den Daten der Bundesstatistik liefert. Die Ergebnisse werden im ersten Beitrag dieser Ausgabe durch Sarah Lotties und Joachim Krauß vorgestellt. Sie verdeutlichen, dass Migration einen eigenständigen Risikofaktor für Wohnungsnot darstellt. Im Anschluss erläutert Johannes Greiser – er ist Richter an einem Sozialgericht – die Rechtsansprüche für Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft und ihre Durchsetzung. Der Beitrag geht zurück auf den Vortrag auf der Leipziger Tagung und fokussiert insbesondere die Situation für EU-Zugewanderte. Wie es wiederum gelingen kann, Geflüchtete bei der Wohnungssuche erfolgreich zu unterstützen, zeigt Corinna Höckesfeld anhand von Erfahrungen aus Projekten mit dieser Zielsetzung. Sie verdeutlicht dabei auch die negativen Auswirkungen eines politischen Diskurses des Ausschlusses. Menschen, die in Deutschland wohnungslos sind, unterliegen den hier wirkenden strukturellen Bedingungen und Ausgrenzungsmechanismen. An den Folgen leiden sie unabhängig von ihrer Herkunft. Diskriminierung bei der Wohnungssuche ist insbesondere für migrantisch gelesene Personen Realität. Um so bedeutender ist es, sich auch im Bereich der Wohnungsnotfallhilfen eigener Diskriminierungsmuster und -praxis bewusst zu sein. Hanna Krügener tritt mit ihrem Plädoyer entschieden dafür ein und zeigt Wege für einen verantwortungsvollen Umgang auf. Für die Melde- und Informationsstelle Antiziganismus fasst Alexander Cramer Ergebnisse zur Situation von geflüchteten und zugewanderten Roma zusammen und macht ebenfalls deutlich, dass zu den ohnehin wirkenden Ausgrenzungen des Wohnungsmarktes spezifische Ausschlussmechanismen gegenüber einzelnen Gruppen erschwerend hinzutreten. Sie sind auch politisch beeinflusst und um diese bekannt zu machen und betroffene Menschen bei ihrer Überwindung zu unterstützen, bedarf es entsprechender Einrichtungen und ihrer Vernetzung. Für dieses Ziel arbeitet auch der Bundesweite Koordinierungskreis gegen Menschenhandel e. V. (KOK). Charlotte Kunath und Nele Sikau stellen die Arbeit vor und erläutern an die Wohnungsnotfallhilfen gerichtet, wie sich Menschenhandel erkennen lässt und Betroffene unterstützt werden können.

Dem Themenschwerpunkt folgt ein sozialwissenschaftlicher Praxisbeitrag von Matthias Eichbauer und Susanne Frewer-Graumann zu Einsamkeit und Alltagsbewältigung im Kontext von Wohnungslosigkeit. Im Rechtsteil verdeutlicht Manfred Hammel die Möglichkeiten und Grenzen der Überbrückungsleistungen gemäß § 23 Abs. 3 Satz 3 SGB XII bei der Unterstützung mittelloser Menschen aus einem anderen EU-Land. Dem schließt sich die BAG W-Argumentationshilfe zu den Überbrückungsleistungen für Unionsbürger*innen an, die für eine Ausschöpfung des rechtlichen Rahmens bei der Anwendung der Leistungen gemäß § 23 Absatz 3 Satz 3 bis 6 SGB XII plädiert.

Den Autorinnen und Autoren dieser Ausgabe sei gedankt. Unseren Lesenden wünschen wir, dass sie gut durch die Herbstzeit kommen, vielleicht auch Dank der Lektüre dieser Ausgabe. Gegen novemberlichen Trübsinn halten wir als BAG W auch ein weiteres erprobtes Mittel bereit – vom 19. bis 21.11.2025 findet die Bundestagung in Berlin statt. Seien Sie dabei, wir freuen uns auf den fachlichen Dialog mit Ihnen am neuen Veranstaltungsort, der Urania Berlin.

Joachim Krauß
Redaktionsleitung wohnungslos