Wohnen ist Menschenrecht

Kernforderung 3 - Zugang zum Leben.

Situationsbeschreibung

Situationsbeschreibung

Die soziale Ausgrenzung beim Wohnen geht mit der Exklusion in weiteren Lebensbereichen einher. Menschen in Wohnungsnot müssen deshalb gezielt Zugänge auch in die Bereiche Bildung, Erwerbstätigkeit, soziales und kulturelles Leben gewährt werden. Von den erwerbsfähigen wohnungslosen Menschen gehen nur zwölf Prozent einer Erwerbstätigkeit nach. Viele von ihnen sind bereits seit mehr als einem Jahr arbeitslos (sog. Langzeitarbeitslose). Im Verlauf der Corona-Pandemie ist die Zahl der langzeitarbeitslosen Menschen stark gestiegen. Gleichzeitig waren gerade die leistungsgewährenden Behörden insbesondere für die wohnungslosen Menschen nur noch sehr eingeschränkt erreichbar. Die fehlende digitale Teilhabe wohnungsloser Menschen zeigte sich schlagartig. Die Dienste und Einrichtungen der Wohnungsnotfallhilfe versuchten so gut wie möglich auszugleichen, was Behörden nicht leisteten. Der Bedarf an digitaler Infrastruktur und technischem Equipment wird für die Einrichtungen und Dienste der Wohnungsnotfallhilfe somit immer wichtiger.

In einer zunehmend digitalisierten Welt setzt gesellschaftliche Teilhabe digitale Zugänge wie W-LAN und Endgeräte sowie digitale Kompetenzen voraus. Stehen diese zur Verfügung, eröffnen sie wohnungslosen Menschen Möglichkeiten der Partizipation und den leichteren Zugang zu Hilfen, Unterstützungsangeboten und finanziellen Leistungen. Sie müssen dementsprechend zügig ausgebaut und finanziert werden.

Die rechtskonforme materielle Absicherung ist Grunderfordernis für die gesellschaftliche Teilhabe. Sanktionsandrohungen im Rahmen der Leistungsgewährung treffen häufig Menschen, die in ihrer Lebenslage Unterstützung benötigen. Sie werden in ihrem physischen Existenzminimum bedroht und weichen in gering entlohnte und instabile Beschäftigungsverhältnisse aus. Das aktuell für ein Jahr beschlossene Sanktionsmoratorium (Elftes Gesetz zur Änderung des SGB II) und die geplante Einführung eines Bürgergeldes müssen dafür genutzt werden, die Sanktionsregelungen grundlegend zu überprüfen und zu verändern.

Durch das Teilhabechancengesetz wurden im Jahr 2019 im Rahmen des SGB II zwei Instrumente geschaffen, die Menschen, die schon sehr lange arbeitslos sind, wieder eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt geben sollen. Diese Instrumente haben sich in der Praxis durchaus bewährt, jedoch gibt es immer noch Lücken zwischen Förderinstrumenten und nicht immer wird den betroffenen Menschen eine langfristige Perspektive eröffnet. Daher braucht es Maßnahmen, die diese Lücken schließen. Gleichfalls bedarf es einer gezielten Förderung nachholender Bildungs- und Ausbildungsabschlüsse.

Politische Leitziele und Forderungen

Politische Leitziele und Forderungen

Politische Leitziele

  • Zugang zu einer existenzsichernden/armutsfesten sozialen Absicherung schaffen und die gesellschaftliche Teilhabe sichern.
  • Inklusiver Sozialer Arbeitsmarkt: einen dauerhaft öffentlich geförderten Sektor zur Integration von Langzeitarbeitslosen mit erheblichem Förderbedarf schaffen.
  • Förderprogramme und Zielvereinbarungen der Bundesagentur auf Langzeitarbeitslose ausrichten.
  • Förderprogramme bedarfsorientiert nach Förderbedarfen unterschiedlicher Schwere ausgestalten.
  • Rechtskreisübergreifende Förderansätze für SGB II, III, VII und XII entwickeln.
  • Menschen in Wohnungslosigkeit und ehemals wohnungslosen Menschen die Beteiligung an lokalen, regionalen und überregionalen Politikprozessen und Netzwerken ermöglichen.
  • Digitale Teilhabe auf allen Ebenen sicherstellen.

Forderungen

Bund

  • Soziales Unternehmertum im Sozialgesetzbuch rechtskreisübergreifend verankern, um eine solide Rechtsgrundlage für einen sozialen Arbeitsmarkt zu schaffen, bei der Teilhabe, Integration und Gemeinwesen im Vordergrund stehen.
  • Förderprogramme auflegen zur Anschubfinanzierung für Sozialunternehmen.
  • Bestehende Programme zur Förderung berufsvorbereitender Kompetenzen und nachschulischer Qualifikation für besonders arbeitsmarktferne Personen entwickeln und ausweiten.
  • Digitalen Zugang generell ermöglichen; öffentliche und freie Träger bei der Digitalisierung fördern und notwendige Infrastruktur bundesweit schaffen.
  • Unterstützen von Partizipation und Selbstorganisation wohnungsloser und ehemals wohnungsloser Menschen durch finanzielle und personelle Ressourcen.

Land

  • Instrumente aus dem SGB II und SGB XII heraus entwickeln, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit führen; Angebote in diesem Bereich schaffen.
  • Beschäftigungsförderung als ein Hauptziel in den länderspezifischen Programmen zur Bekämpfung von Obdachlosigkeit und Ausgrenzung auf dem Wohnungsmarkt festschreiben.
  • digitale Weiterbildung in der Wohnungsnotfallhilfe fest verankern.

Kommune/Landkreis

  • Sozialunternehmen mit kommunalen Mitteln unterstützen
  • Entwicklung von Zielvorgaben für die Jobcenter mit Schwerpunkt auf Langzeitarbeitslosen.
  • Angebote aus dem SGB II und SGB XII heraus entwickeln, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit führen.
  • Die Sozialleistungsträger nach SGB II und SGB XII sind aufgefordert, die digitale Infrastruktur für Antragsstellung und Kommunikation bereitzustellen.
  • digitale Infrastruktur kostenfrei und allgemeinzugänglich machen, inkl. öffentliche Stromladestationen.
  • Menschen in Wohnungslosigkeit und ehemals wohnungslose Menschen an den sie betreffenden Entscheidungs- und Abstimmungsprozessen auf lokaler und Quartiersebene beteiligen.