Wohnen ist Menschenrecht

Es braucht mehr als Notversorgung! Aspekte gesundheitlicher Versorgung von Menschen in Wohnungsnot

Zur Offensichtlichkeit und Dramatik in der Lebenssituation von Menschen, die gezwungen sind, ohne Obdach auf der Straße zu leben, zählt eine deutlich verschlechterte Gesundheitssituation. Die Lebensumstände führen zu einer massiven physischen und psychischen Belastung für die Menschen. Diese Ausgabe der Zeitschrift wohnungslos richtet den Blick gezielt auf die Frage der gesundheitlichen Versorgung von Menschen und greift dabei ganz unterschiedliche Aspekte von Prävention bis Nachsorge auf. Die beiden ersten Beiträge referieren jeweils Untersuchungsergebnisse zum gesundheitlichen Zustand von Menschen, die sich in Wohnungsnot befinden und beleuchten ihre Versorgungssituationen. Professorin Maria Bitzan und ihre Kolleginnen präsentieren Ergebnisse einer Begleitforschung in Stuttgart in den Jahren 2017 bis 2020. Sie zeigen u. a. Handlungsempfehlungen und weitergehenden Forschungsbedarf auf, womit sie auch verdeutlichen, dass die gesundheitliche Situation nicht als Einzelfrage verbessert werden kann, sondern im Gesamtkomplex der Ausgrenzungssituation zu betrachten ist. Franziska Bertram und Victoria van Rüth vom Institut für Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf fassen Untersuchungsergebnisse des Jahres 2021 zusammen, die für die Untersuchungsräume hohe Prävalenzen psychischer und körperlicher Erkrankungen unter Menschen in Wohnungslosigkeit aufzeigen.

Daran schließen zwei erfahrungsbasierte Beiträge zur Versorgungssituation psychisch erkrankter Menschen in den Wohnungsnotfallhilfen an. Manfred Baierlacher gibt einen Problemaufriss anhand einer jahrzehntewährenden Berufspraxis. Dagmara Lutoslawska bietet einen eindrücklichen Einblick in die psychologische Beratungsarbeit in der Berliner Stadtmission.

Wie notwendig Begleitforschung ist, zeigen Dr. Adriane Skaletz-Rorowski und Dr. Angelika Wirtz vom WIR — Walk In Ruhr, Zentrum für Sexuelle Gesundheit und Medizin in Bochum, die den Aspekt sexuelle Gesundheit junger Menschen in prekären Lebenslagen thematisieren.

Im Bereich Praxis wird anhand von zwei öffentlich geförderten aktuellen Projekten aufgezeigt, dass gelingende Kooperationen Antworten auf wichtige Versorgungsfragen geben können. Das Verbundprojekt SUWOKO der BAG W und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen ermittelt, wie an verschiedenen Standorten in Deutschland die Zusammenarbeit von Einrichtungen der Suchthilfe und der Wohnungsnotfallhilfe erfolgreich gestaltet ist. Die beiden Hilfesysteme im Fall der Hospiz- und Palliativversorgung von Menschen ohne eigenen Wohnraum zusammenzuführen, ist Aufgabe des Berliner Projektes KoWohl, das als zweites vorgestellt wird. Im Kontext des Themenschwerpunktes zeigt Dr. Manfred Hammel im Rechtsteil die weiterhin schwierige leistungsrechtlich begründete Versorgungslage von EU-Zugewanderten bei Obdach- und Mittelosigkeit in Deutschland. In einem zweiten Fall wird, anhand des drohenden Wohnungsverlustes bei Verwahrlosung, die Verpflichtung von Sozialhilfeträgern zur Gewährung einer Alltagsbegleitung begründet.

Weiterhin stellen wir in diesem Heft zwei neue BAG W-PaPiere vor — die Aktualisierung des Arbeitsmarktpolitischen Programms und die Empfehlungen zur Konkretisierung der Zusammenarbeit der Leistungsträger zur Wahrung der veränderten Rechtsposition junger Erwachsener im Zuge des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes.

Abschließend weisen wir auf das Programm zur diesjährigen BAG W-Bundestagung hin, das diesem Heft beiliegt. Über die Hinweise auf dieser Seite gelangen Sie auch direkt zum Programm und zur Anmeldung. Wir freuen uns auf den Austausch im Rahmen der Bundestagung und wünschen bis dahin eine interessante Lektüre.

Sabine Bösing und Joachim Krauß, BAG W

 

Einzelne Exemplare können bei info@bagw.de kostenpflichtig bestellt werden.