Wohnen ist Menschenrecht
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Wie viele Menschen leben ohne Obdach auf der Straße?

Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe schätzt, dass in Deutschland ca. 52.000 Menschen ohne jede Unterkunft auf der Straße leben. Es sind diese Menschen, die in Hauseingängen und in städtischen Parkanlagen schlafen oder die Notschlafstellen der Kommunen und Freien Träger aufsuchen, die das Bild von Obdach- und Wohnungslosigkeit in der Öffentlichkeit prägen.

Die wenigen systematischen statistischen Erfassungen zu Wohnungslosigkeit können diesen Personenkreis in der Regel nicht und nur sehr unzureichend erfassen, da sie an den bestehenden Hilfeangeboten für obdach- und wohnungslose Menschen – Unterbringungsangebote, Beratungsstellen etc. – ansetzen, die von einem Teil der Menschen, die ohne jegliche Unterkunft auf der Straße leben, nicht oder allenfalls sporadisch in Anspruch nehmen. Auch in Deutschland wird daher immer wieder der Versuch unternommen, die Zahl dieser Menschen in eigenständigen Erhebungen zu erfassen. Wir haben die jüngste Zählung und Befragung obdachloser, auf der Straße lebender Menschen zum Anlass, genommen, diese Thematik zum Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe der Zeitschrift wohnungslos zu machen.

Volker Busch-Geertsema gibt in seinem Beitrag einen Überblick über ausgewählte Beispiele der Zählung von „Obdachlosen auf der Straße“ im In- und Ausland. Der Überblick wurde im Rahmen eines vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) geförderten Untersuchungsvorhabens der Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung e.V. (GISS) zu „Entstehung, Verlauf und Struktur von Wohnungslosigkeit und Strategien zu ihrer Vermeidung und Behebung“ erstellt.

Andreas Kämper diskutiert entlang der Erfahrungen mit der Durchführung der Befragung von obdachlosen, auf der Straße lebenden Menschen in Hamburg im März 2018 grundlegende methodische und konzeptionelle Fragen bei der Planung und Durchführung entsprechender Erhebungen. Daran anknüpfend skizziert Stephan Nagel wesentliche Aspekte der Kritik der Hamburger Wohlfahrtsverbände zu dieser aktuellen Obdach- und Wohnungslosenuntersuchung und zeigt auf, warum es aus seiner Sicht trotz aller Bemühungen – einschließlich der regelmäßigen Zählung obdachloser, auf der Straße lebenden Menschen – nicht gelingt, Obdach- und Wohnungslosigkeit in Hamburg substanziell zu bekämpfen.

Susanne Gerull zeichnet in ihrem Beitrag die aktuelle Entwicklung in Berlin nach, wo in Zukunft ebenfalls regemäßig die Zahl der obdachlosen, auf der Straße lebenden Menschen erfasst werden soll, und beschreibt die bisherigen Planungen für eine solche Zählung.

Thomas Specht und Paul Neupert stellen in ihrem Beitrag die aktuelle Revision des bisher von der BAG W verwendeten Schätzmodels für die Ermittlung der Zahl der wohnungslosen Menschen in Deutschland vor. Die Revison des Models wurde nicht zuletzt aufgrund einer erstmals für 2017 vorliegenden verbesserten Datengrundlage notwendig – und möglich. In ihrem Beitrag beschreiben die Autoren detailliert die einzelnen Berechnungsschritte für das neue Schätzmodel, das erstmals zur Ermittlung der Zahl der wohnungslosen Menschen im Jahr 2017 zur Anwendung kommen wird und die Grundlage für zukünftige Schätzungen der BAG W bildet.

Bitte beachten Sie auch das aktuelle Positionspapier zu den „Hilfen für BürgerInnen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten in Wohnungsnot und sozialen Schwierigkeiten“, das vom Vorstand der BAG Wohnungslosenhilfe e.V. im Mai 2019 verabschiedet wurde. Hinweisen möchten wir auch auf die diesjährige Bundestagung, die vom 11. bis 13. November in Berlin stattfinden wird. Das ausführliche Programm liegt dieser Ausgabe bei.

Ich hoffe, dass auch mit dieser Ausgabe der wohnungslos die Fachdebatten weiter befördert werden können.

Rolf Jordan
Schriftleitung wohnungslos